Besucher |
Dieser Monat | 1456 | Seit 1997 | 747045 | |
|
Das Wetter in diesem Land wird schon seit einigen Jahren immer merkwürdiger, und so ist es nicht einmal so sehr verwunderlich, dass der Verfasser, der gerade bei brütender Hitze in kurzen Hosen die hohen Temperaturen verdammt, noch vor 2 Wochen bei klirrender Kälte und Nieselregen im Osten Deutschlands stand. Warum er das getan hat? Über das Festung Open Air war bisher nur Gutes zu hören, und dieser Eindruck sollte sich tatsächlich auch bestätigen..
Die Veranstalter des Bitterfelder Festivals dürften bereits aus der ortsansässigen Festung, die ja ebenfalls mit ordentlichen Billings aufwarten kann, bekannt sein. Auch das Festung Open Air konnte anno 2006 mit einer guten Mischung aus old-school und Newcomern, aus Räudigkeit und Melodie überzeugen. Dass das besagte Wetter absolut miserabel war und jeden dazu zwang, sämtliche Kleidungsstücke plus die vor Ort gekauften Hemden auf einmal anzuziehen, war zwar ein kleiner Dämpfer, aber mit genug Alkohol im Blut ist die Temperatur ja schließlich eh nicht mehr allzu wichtig. Eigentlich hat das graue Wetter mit den ebenso grauen Industrieschornsteinen im Hintergrund der Bühne zu manchen Bands sogar richtig gut gepasst.
Nach nur 4 Stunden Fahrt, der grandiosen A72 sei Dank, konnten wir am frühen Nachmittag bereits unsere Zelte aufschlagen und uns den Opener des Samstags (Montag war Feiertag) zu Gemüte führen, NOCTURNAL. Zwar bekam ich deren Auftritt aufgrund diverser Begrüßungen und Händlerbegutachtungen nicht ganz mit, aber die Mannen lieferten ihren geschwärzten Thrash solide ab und konnten erste Köpfe zum Kreisen bringen.
Für mich interessant wurde es dann mit BESTIAL MOCKERY, die als Zweite die Bühne betrieben. Es hat mich etwas gewundert, dass die Schweden bereits so früh gespielt haben, denn eigentlich hatte ich sie etwas weitere oben im Billing angesiedelt, aber das konnte den Fans auch nichts nehmen. Vor der Bühne war eine ganze Menge los und die Stimmung erstklassig. Nette Showeinlagen wie das Schwingen der Kettensäge bei "Chainsaw Kill" konnten die Meute zusätzlich anheizen und sorgten dafür, dass der Auftritt wie im Fluge verging.
Eine Ladung old-schooligen Thrash lieferten daraufhin TOXIC HOLOCAUST, deren Frontmann mir bereits durch seine ominöse Frisur aufgefallen war. Etwas Besonderes war die punkig angehauchte Show zwar nicht, aber die Thrash-Walze rollte mit ordentlicher Energie durchs Publikum.
NEBULAR MYSTIC konnten mich mit ihrem Auftritt nicht wirklich begeistern. Sie lieferten durchschnittlichen Black Metal mit einer leblosen Show, die ich mir nur zur Hälfte anschaute und im Folgenden lieber den Bierstand bestaunte, der die Besucher für nur 1,50 pro Bier (!) beglückte.
Die gesammelten Reserven habe ich dann lieber in HELRUNAR investiert. Die Pagan Black Metaller hatte ich bereits vor einigen Monaten bei einem überzeugenden Auftritt gesehen, und auch auf dem Festung Open Air konnte die Truppe gefallen. Mittlerweile hatte sich die erste Dunkelheit über das Land gelegt und die Bühnenlichter wurden stimmungsvoll angeworfen. Erfreulich war, dass die Liedauswahl sehr ausgewogen war und sowohl "Gr?tr" als auch "Frostnacht" berücksichtigte. Das Publikum war an diesem Tag das bisher enthusiastischste, was nicht zuletzt an einer ebenso starken Show lag. Nach dem abschließenden "heiligen Feuer" war nach leider nur einer Dreiviertelstunde ein guter Auftritt beendet.
Die folgende Show von SECRETS OF THE MOON fand unterschiedliche Beurteilungen, ich fand den Auftritt der deutschen Black Metaller allerdings vollkommen in Ordnung. Die Kommunikation zwischen Musikern und Publikum war zwar gleich null, allerdings entschädigten die vielschichtigen Lieder von SECRETS OF THE MOON, die aufgrund des guten Sounds erstklassig zur Geltung kamen.
Auf DESTRÖYER 666 hatte ich mich mit am meisten gefreut, und meine Hoffnung sollte auch nicht enttäuscht werden. Bei den Australiern kann man sich eigentlich immer auf eine gute Bühnenpräsenz verlassen, und auch hier wurden eifrig energische Thrashgranaten ins Publikum gefeuert, das ordentlich mitzog. Besonders cool waren die Cover von POSSESSEDs "Satan′s Curse", BATHORYs "Call From The Grave" und VENOMs "Live Like An Angel – Die Like A Devil" … das nenne ich doch mal eine gute Auswahl!
URGEHAL hatte ich zuvor zusammen mit SHINING auf Tour gesehen. Die dreckige Show der norwegischen Veteranen kam auch auf dem Festung Open Air zum gelten und wurde von einer Feuerspuckeinlage eingeleitet. Frontmann Trondr Nefas brachte die räudigen Lieder der Truppe gewohnt sarkastisch und energisch rüber. Als neues Lied wurde "Goatcraft Torment" vom kommenden Langspieler präsentiert, das positive Resonanz fand. Nach dem abschließenden "The Eternal Ecplise" konnte man auf einen erstklassigen ersten Festivaltag zurückblicken. Die danach spielenden RAM waren für mich musikalisch vollkommen uninteressant, also waren URGEHAL für mich die letzte Band des Tages.
Der Sonntag war ganz klar der Tag für Thrasher. Aufgrund ärgerlicher Ereignisse bekam ich die meisten Auftritte zwar eher am Rande mit, allerdings sorgten MENTAL HORROR anfangs schon einmal für einen netten Anfang. Die Brasilianer spielten alten Death Metal ihres Kontinents, wie man ihn erwarten würde. Tief und schnell, ein ziemlicher Massaker. Auf Dauer jedoch etwas zu langweilig für mich, was wohl auch anderen so ging – vor der Bühne war zu diesem Zeitpunkt noch recht wenig am Laufen.
Eine gute Portion Spielfreude lieferten PAGAN RITES als zweite Formation. Besonders der Mann am Mikro tobt auf der Bühne herum und kann die versammelten Fans zum Mitgrölen und Abgehen animieren. Die Schweden von SUICIDAL WINDS sprangen als Ersatz für INFERNAL WAR ein. Das Publikum zumindest war von diesem Wechsel nicht enttäuscht und eiferte aktiv mit. Zur Belohnung gab es eine geballte Ladung Death-Thrash mit sympathischer Bühnenshow.
Die norwegischen Nachbarn von AUDIOPAIN konnten ebenfalls überzeugen und ihren aggressiven Thrash standesgemäß zocken. Die folgenden Formationen bekam ich leider nur am Rande mit, und auch die von mir etliche Male gesehenen DESASTER liefen eher im Hintergrund. Von deren Bühnenqualität braucht man schon fast nicht mehr zu reden, von der Aktivität der Fans her war die Black-Thrash Mannschaft jedenfalls sicherlich der Höhepunkt. Da flogen die Fetzen!
Der absolute Höhepunkt waren aber mit Sicherheit PRIMORDIAL. Diese einzigartige Gruppe habe ich in letzter Zeit zwar ebenfalls oft gesehen, aber vom fesselnden Klang der Iren kann man einfach nicht genug bekommen. Alan ist ohne Frage der charismatischste Frontmann überhaupt. Mit einem unbeschreiblichen Maß an Energie und Leidenschaft schleuderte er der begeisterten Meute die mal nachdenklichen, mal aggressiven Lieder der Band entgegen. Das Set war das übliche: "The Gathering Wilderness" kam voll zur Geltung und wurde neben dem Titeltrack mit dem fantastischen "The Coffin Ships" (dieses Lied ist wie eine Droge) und dem "Song Of The Tomb" vorgestellt. Auch ältere Werke fanden etwa mit "Autum′s Ablaze" Verwendung. Wer nicht schon vollends begeistert war, dem wurde mit dem abschließenden, genialen "Gods To The Godless" der letzte Schlag verpasst. Wahnsinn, was diese Band immer wieder anstellt. Alan stolperte übrigens während des Auftritts einmal über eine Monitorbox und wurde unsanft zu Boden befördert – ein ziemlich ungewohntes Bild, aber bei seiner Aktivität und dem verinnerlichten Whisky kann das passieren, schließlich ist er Ire.
Alles in Allem kann man über das Festival nur Gutes verlieren. Die Organisation war klasse, und an jeder Ecke konnte man die herrschende Fanfreundlichkeit feststellen. Nicht nur waren die Preise im giftgrünen Bereich, wie gesagt zahlte man für ein Bier 1,50 und für ein Steak 3 Euro, sondern auch die allgemeine Stimmung und die vielseitige Auswahl der Bands waren top. Die Größe des Campingsplatzes war genau richtig und bot der angenehm überschaubaren Menge der Besucher genug Platz. Besonders die Frauen konnten sich zudem anhand zahlreicher Dixies und zwei großen Wassertanks über sehr gut sanitäre Bedingungen freuen. Die Stimmung war generell sehr gut, lediglich machte jemand unnötigerweise Stress und sorgte somit bei einigen Leuten für einen ordentlichen Dämpfer, aber das war ein Ausnahmefall und außerhalb des Bereichs der Veranstalter.
Das Festung Open Air ist jedenfalls ein erstklassiges, gemütliches und überschaubares Festival, das sich definitiv lohnt! Und wenn nächstes Jahr der Wettergott noch etwas besser gestimmt ist, ist eigentlich alles perfekt. Uneingeschränkte Empfehlung! |
|